Weiße Kapelle

Jesuiten

Ignaz-Seipl-Platz, Wien, AT



Der Kapellenraum neben der Jesuitenkirche ist potentiell schon aufgrund seiner Lage ein eminent wichtiger, integrativer, zugleich offener und intimer Ort der religiösen Erfahrung - unbelastet durch Überforderung im Maßstab und durch geschichtliche Tiefe und Repräsentation. Derzeit schon wird er - abgesehen von oder in Zusammenhang mit den Werktags-Gottesdiensten - für verschiedene alltägliche oder fallweise Aktivitäten genutzt: Andachten, Gebet, Agape u.a. Die architektonische Lösung, die beim letzten Umbau realisiert wurde, beeinträchtigt diese Aktivitäten allerdings nicht nur durch die offenkundig unglückliche Lichtlösung, Akustik und Materialoberflächen, sondern vor allem auch durch die extreme Geschlossenheit, Undifferenziertheit und die ungelöste Erschließung der räumlichen Struktur. Kosmetische Verbesserungsversuche an Beleuchtung, Mobiliar oder Oberflächen können diese grundsätzlichen, gravierenden Mängel nicht mildern und würden bei dennoch relativ hohen Kosten eine Verbesserung der Situation auf Jahre oder Jahrzehnte verbauen.

Sowohl die innere wie die äußere Raumorganisation, insbesondere die Struktur der Raumbegrenzungen und der Beziehungen zu den umliegenden Räumen - zur Vorhalle, zur Kirche, zum Hof bzw. zum Garten, bedürfen einer auf präzise Eingriffe beschränkten, aber doch tiefgreifenden Revision um einer potentiell noch weitergehenden Vielfalt an liturgischen und seelsorgerischen Aktivitäten der Gemeinde und der Jesuiten angemessen Raum zu geben. Vor allem gilt es dabei, das Raumgefüge in Richtung auf Offenheit und Differenziertheit zu entwickeln. Die Lösung der lichttechnischen und akustischen Probleme ergibt sich dabei auf einfache Weise.

Drei im Aufwand sehr reduzierte Elemente übernehmen die Hauptrolle in der räumlichen Gliederung, der Beleuchtung und der akustischen Verbesserung des Kapellenraums:
- Der Windfang am Rand der Vorhalle
- Die Sakristei im offenen Schwellenbereich zwischen Vorhalle und Kapelle
- Die Gebetsnische an der verglasten Öffnung zum Jesuitengarten

Diese möbelartigen Holz-Glas Konstruktionen geben dem Raumgefüge an seinen Schlüsselstellen Tiefe und Maßstab; belichten ihn über ihr Innenlicht bzw. über uneinsehbar in ihre Deckeln integrierte Deckenstrahler; und tragen durch das schallschluckende Material ihrer Deckeln (neben der an drei Wänden der Kapelle in einer unteren Zone vorgesehenen, weiß gestrichenen Holzverkleidung, und der neuen, weich abgehängten Decke) zur Nachhalldämmung bei.

Als Ort des gemeinschaftlichen Feierns und der Andacht aber auch des individuellen Gebets sollte die neue Kapelle der Jesuitenkirche ihre integrative Funktion von Gruppen und einzelnem Gläubigen, von Jesuitenorden und Gemeinde voll entfalten können. Fern von jeder starren Monumentalität und Repräsentation sollte sie eine Athmosphäre von alltäglicher Bewohnbarkeit, von heiterer und doch strenger Gelassenheit, von Offenheit und Intimität ausstrahlen. Aufmerksame Ruhe, in der das Wort gehört und gegenwärtig werden kann.